Neues zum Eigengeschäft des Immobilienmaklers – OGH, 3 Ob 212/19a
I. Gesetzliche Grundlagen:
Gemäß § 6 Abs 4 MaklerG steht dem Makler keine Provision zu, wenn er selbst Vertragspartner des Geschäfts wird. Dies gilt auch, wenn das mit dem Dritten geschlossene Geschäft wirtschaftlich einem Abschluß durch den Makler selbst gleichkommt.
II. Zweck der Regelung:
Nach den Regierungsmaterialien sollen dadurch Umgehungsversuche verhindert und wirtschaftliche Verflechtungen besser erfasst werden, wobei auf den wirtschaftlichen Zweck des jeweiligen Geschäfts für den Makler abzustellen ist.
III. Sachverhalt:
Im vorliegenden Sachverhalt hat der Geschäftsführer der klagenden Immobilienmaklerin (GmbH) eine sich in seinem Eigentum befindliche Liegenschaft verkauft. Die Liegenschaft wurde dabei von der Immobilienmakler-GmbH vermittelt, bei welcher der Verkäufer als Geschäfsführer fungiert. Gesellschafter der Immobilienmakler-GmbH sind zwei weitere GmbHs, wobei die I-GmbH mit 65 % und die U-GmbH zu 25 % beteiligt sind. Des Weiteren ist ein bei der klagenden Immobilienmakler-GmbH angestellter „Mitarbeiter“ noch zu 10 % an der klagenden Immobilienmakler-GmbH beteiligt. Der Geschäftsführer der klagenden Immobilienmakler-GmbH ist Alleingesellschafter der I-GmbH und auch deren Geschäfsführer sowie Geschäftsführer der U-GmbH, deren Alleingesellschafter eine andere natürliche Person ist.
IV. Rechtliche Beurteilung:
In der jüngeren Rechtsprechung zum Eigengeschäft im Sinn des § 6 Abs 4 Satz 2 MaklerG wurde bereits klargestellt, dass zu prüfen ist, ob dem wirtschaftlichen Zweck nach das vermittelte Geschäft ein Eigengeschäft des Maklers darstellt, er also unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Vertragspartner ist. Mangels gesetzlicher Festlegung einer starren Grenze der Beteiligungsverhältnisse für die Annahme bzw den Ausschluss eines wirtschaftlichen Eigengeschäfts kommt es auf das jeweilige Gewicht der Interessen des Maklers und deren Durchsetzungsmöglichkeiten an, sodass jeweils eine Beurteilung nach den Umständen des Einzelfalls geboten ist. Neben allfälligen Umgehungsgeschäften liegt also ein wirtschaftliches Eigengeschäft vor, wenn bei gesellschaftsrechtlicher Verflechtung ein beherrschender Einfluss des Maklers auf die Verkäufergesellschaft besteht.
Im vorliegenden Fall hat die klagende Makler-GmbH auf den Verkäufer als natürliche Person keinen gesellschaftsrechtlichen Einfluss, vielmehr ist der Verkäufer Geschäftsführer der Maklerin und (über eine weitere Gesellschaft) an ihr beteiligt. Auf eine allenfalls damit verbundene Beherrschung der klagenden GmbH durch den Verkäufer kommt es jedoch nicht an, sondern auf die Interessen der Maklerin am Liegenschaftsverkauf.
Die Maklerin selbst hat aber hier – anders als im umgekehrten Fall (zB der Makler ist beherrschender Gesellschafter der verkaufenden GmbH), in dem der Makler beim Verkauf der Liegenschaft mittelbar vom erzielten Kaufpreis profitiert – gar kein wirtschaftliches Interesse am Verkauf der Liegenschaft, weil ihr der Erlös auch nicht mittelbar zugute kommt, sondern zur Gänze an den Verkäufer als natürliche Person geht. Der Umstand, dass dieser gleichzeitig Gesellschafter der Makler-GmbH ist, rechtfertigt die Annahme eines relevanten wirtschaftlichen Interesses der Klägerin am Verkauf der Liegenschaft nicht, weil ein Anteil des Verkäufers von (nur) 65 % zu gering ist, um ihn mit der Makler-GmbH wirtschaftlich gleichzusetzen. Die vorliegende Interessenlage schließt es daher bei der gegebenen Konstellation aus, die Klägerin wirtschaftlich als Partei des Kaufvertrags zu sehen, weshalb nicht nur formal vom Vorliegen eines Dreipersonenverhältnisses auszugehen ist, das Voraussetzung eines Anspruchs auf Maklerprovision ist.
Ihr davon zu trennendes wirtschaftliches Interesse am Abschluss von Maklerverträgen zwecks Erzielung von Maklerprovision beim Verkauf der Liegenschaft als selbständige Immobilienmakler-GmbH ist schon angesichts der nicht zu vernachlässigenden Beteiligung der beiden (selbständig zu beurteilenden, nicht dem Verkäufer zuzurechnenden) Minderheitsgesellschafter im Gesamtausmaß von 35 % legitim, weil Beteiligungen in diesem Ausmaß wegen ihrer Partizipation am Erfolg der GmbH und damit an der Maklerprovision eine bloße Scheinvermittlungstätigkeit mit dem alleinigen Zweck, dem Verkäufer einen zusätzlichen Provisionsgewinn zu verschaffen, ausschließen.
V. Anmerkung:
Die vorliegende Enscheidung des 3. Senates ist nicht zu beanstanden. Die Immobilienmakler-GmbH hat tatsächlich auf den Verkäufer keinen gesellschaftsrechtlichen Einfluss. Dass bei einer Beteiligung im Ausmaß von 65 % vom OGH kein Eigengeschäft angenommen wurde, ist unter dem richtigen Verweis auf die Interessen der Minderheitsgesellschafter in diesem Einzelfall völlig richtig. Es lässt sich daraus mE jedoch gerade kein allgemeiner Grundsatz ableiten, dass bei einer Beteiligung im Ausmaß von 65 % nicht auch ein wirtschafliches Eigengeschäft vorliegen könnte. Vielmehr wird dies in hohem Maße abhängig von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls sein.
(c) RA Dr. Daniel Lassingleithner, LLM.oec.